Bettina Scheeder M.A.

Museumsverband Rheinland-Pfalz

 

Entwicklung von Qualitätsstandards für die Museen in Rheinland-Pfalz

 

 

Den Auftakt für die Diskussion um die Entwicklung von Qualitätsstandards, die den Museumsverband seit rund eineinhalb Jahren begleiten, bildeten die Workshops zu der Fragestellung "Probleme und Anliegen der Museen - Wünsche und Anregungen zu Aufgaben und Zielen der Verbandsarbeit“. Hier formulierten haupt- wie ehrenamtliche Museumsmitarbeiterinnen und  -mitarbeiter in ihrem Abschlussstatement folgenden Wunsch: Der Museumsverband möge sich in Zukunft noch intensiver als bisher mit der Qualität der Museumsarbeit auseinandersetzen, denn die in der öffentlichen Diskussion häufig zitierten Besucherzahlen könnten nicht als alleiniger Indikator für die Qualität der geleisteten Museumsarbeit dienen. Sie allein ließen zum Beispiel keine Schlüsse darüber zu, wie die Bestände eines Museums gepflegt werden oder ob ein Haus in die aktuelle wissenschaftliche Forschung eingebunden ist. Der Museumsverband sah in diesem Auftrag der Mitglieder zusätzlich die Chance, sein Beratungs- und Qualifizierungsangebot noch stärker als bisher an den Bedürfnissen der einzelnen Häuser auszurichten.

 

Diskussionsschritte

 

Die einzelnen Etappen dieser Diskussion sollen hier kurz skizziert werden. Bereits in den im Herbst 2003 stattfindenden Regionalkonferenzen wurde ein von 1999 bis 2003 laufendes Projekt des Internationalen Komitees der Regionalmuseen (ICR) vorgestellt. Über die Ergebnisse dieses Projekts, die im „Leitfaden zur Verbesserung von Qualität und Standards in Museen“  mitsamt Checklisten zum Museumsmanagement, zu den Sammlungen, zur Kommunikation und Vermittlung, zum Besucherservice, zur Evaluation sowie zum Marketing publiziert wurden, entspann sich ein erster reger Meinungsaustausch. Um den Museen im Land einen detaillierten Überblick über Modelle der Qualitätssicherung in Museen in anderen europäischen Ländern zu geben, veranstaltete der Museumsverband am 1. März 2004 im Gutenberg-Museum in Mainz eine Informationsveranstaltung zum Thema „Museumsstandards in Europa - Beispiele der Qualitätssicherung im Museum".Als Referenten eingeladen waren insbesondere Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen zur Museumsberatung, deren Beiträge im Band 2004 der "Museumsmitteilungen"  des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz veröffentlicht sind. In den Frühjahrskonferenzen 2004 setzte man sich daraufhin in den einzelnen Regionen mit den Vor- und Nachteilen der vorgestellten Modelle in Großbritannien, Österreich und den Niederlanden auseinander. Fortgesetzt wurde die Diskussion im Rahmen des Museumstags Rheinland-Pfalz 2004. Im Anschluss an die Mitgliederversammlung wurden in zwei Workshops - aufgeteilt nach haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - Qualitätsstandards formuliert, die die Grundlage für ein zukünftiges freiwilliges Registrierungssystem bilden.

 

Kriterien

 

Insgesamt wurden Kriterien zu den folgenden acht Stichworten zusammengetragen:

 

Dieser Kriterienkatalog bildete die Grundlage für ein Antragsformular zur Registrierung, das von den Museumsmitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den Herbstkonferenzen 2004 in allen Regionen einhellig befürwortet wurde. Damit mögliche Änderungswünsche noch in das endgültige Antragsformular eingearbeitet werden konnten, bat man von Verbandsseite aus um eine Übermittlung dieser Vorschläge innerhalb Jahresfrist.

 

Die Registrierung ist freiwillig und kann sowohl von hauptamtlich als auch von ehrenamtlich geleiteten Museen beantragt werden. Antragsberechtigt sind Museen, die im Besitz einer substanziellen Sammlung historischer Objekte, Kunstwerke oder Spezies sind, die zusammengetragen wurden, um langfristig der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stehen sowie Institutionen, die eine solche Sammlung betreuen.

 

Jeder Antragsteller ist aufgefordert darzulegen, dass sein Haus der im Folgenden zitierten Museumsdefinition von ICOM entspricht:

 „Ein Museum ist eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, erforscht, bekannt macht und ausstellt." (Deutsche Übersetztung, Berlin, Wien, Zürich 2003)

 

Weiterhin muss jeder Antragsteller vorweisen, dass er die oben genannten Kriterien entsprechend der Art, der Größe und der Lage des Museums angemessen erfüllt.

 

Ablauf der Registrierung

 

Der Registrierungsprozess kann in drei Stationen beschrieben werden: Mittels einer Selbstevaluation kann jedes Museum zuerst selbst herausfiltern, in welchen Arbeitsbereichen Optimierungspotential vorhanden ist. Mit dem Antrag auf Registrierung steht allen Antragstellern, sofern gewünscht, die kostenlose Unterstützung des Museumsverbands durch kollektive sowie durch Einzelberatung zur Verfügung, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen. Die Beurteilung des Antrags erfolgt nicht durch  eine fachfremde Kommission, sondern durch ein Gremium versierter Museumskolleginnen und -kollegen.

Dieses Gremium setzt sich aus Vorstandsmitgliedern des Museumsverbandes und gegebenefalls aus Vertreterinnen und Vertretern ehrenamtlich geleiteter Museen sowie weiteren externen Experten zusammen. Den Vorsitz führt ein Mitglied des Vorstands des Museumsverbandes. Das Registrierungskomitee beurteilt jeden Antrag eingehend und entscheidet, welchen Status der Registrierung das Museum erhält.

Eine vollständige Registrierung kann erfolgen, wenn das Museum alle Registrierungskriterien erfüllt. Die vorläufige Registrierung wird ausgesprochen, wenn das Museum noch nicht alle Kriterien der Registrierung erfüllt, aber die Bereitschaft bekundet, innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Jahren die Anforderungen zu erreichen. Eine Zurückstellung des Antrags erfolgt, wenn das Registrierungskomitee auf der Grundlage der eingereichten Informationen keine Entscheidung treffen kann oder will. Die Entscheidung wird dann verschoben, bis ausreichende Informationen vorliegen. Wenn ein Museum nicht darlegen kann, dass es den Registrierungskriterien gerecht wird, kann eine Ablehnung ausgesprochen werden.

 

Start

 

Mit dieser Initiative hat der Museumsverband eine Vorreiterrolle in der Bundesrepublik übernommen. Zwischenzeitlich hat auch der Deutsche Museumsbund eine entsprechende Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, der die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Cornelia Ewigleben sowie die Geschäftsführerin des Museumsverbands Rheinland-Pfalz Bettina Scheeder M.A. angehören. Bereits im Herbst 2004 meldeten sich bei der Geschäftsstelle des Museumsverbands eine Reihe von „Pilotmuseen“, die mit einem Antrag auf vorläufige Registrierung beabsichtigen, im Zeitraum der nächsten drei Jahre die gemeinsam erarbeiteten Qualitätsstandards in ihren Häusern umzusetzen. Die konkrete Umsetzung des Projekts in Rheinland-Pfalz startet zu Beginn des Jahres 2005.

Professor Jürgen E. Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur hat im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Neuer Wind in alten Gemäuern?“ am 9. November 2004 im Landesmuseum Mainz auf dieses beispielhafte Projekt hingewiesen und betont, dass das Land den Museumsverband bei der Realisierung dieses anspruchsvollen und arbeitsintensiven Vorhabens mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unterstützen werde.

 

Ziel

 

Mithilfe dieser Qualitätsstandards wird es den Museen im Land möglich sein, ihren Optimierungsbedarf in einzelnen Aufgabenbereichen zu ermitteln und Verbesserungen gezielt anzugehen, um so die Qualität der Museumsarbeit nachhaltig zu steigern. Ziel dieses innovativen Projekts ist es, eine gemeinsame fachliche Grundlage für alle Einrichtungen zu bieten, die der Definition eines „Museums“ entsprechen.

Gleichzeitig ermöglicht das Registrierungssystem eine Leistungsmessung des jeweiligen Hauses - entsprechend gemeinsam erarbeiteter und anerkannter professioneller Qualitätsstandards im Museumsmanagement, in der Sammlungspflege und in den Angeboten für die Öffentlichkeit. Die Leistungsmessung betrifft dabei nicht den absoluten Umfang der Arbeit, sondern soll vielmehr abklären, ob Struktur und Dienstleistungen der jeweiligen Einrichtung angemessen sind.

Gegenüber Trägern, Zuwendungsgebern und der Öffentlichkeit wird damit eine Qualitätsaussage möglich. Da eine öffentlichkeitswirksame Urkundenverleihung vorgesehen ist, wird es den Museen zudem möglich sein,  mit einer Registrierung überzeugend zu werben. Die damit verbundene offizielle Anerkennung soll zugleich das Vertrauen potentieller Stifter von Objekten oder Sammlungen stärken. Für mögliche Förderer gewährleistet die Registrierung die Sicherheit für eine sachgerechte Verwendung der finanziellen Unterstützung.

 

 

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